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Ein Konsortium aus BER-Mitgliedsgruppen und Berliner Eine Welt-Promotor*innen hat gemeinsam mit dem BER ein Konzept und Modellprojekt entwickelt, um die langjährigen Städtepartnerschaften Berlins mit Jakarta, Mexiko-Stadt und Windhoek auf zivilgesellschaftlicher Ebene zu stärken. Denn bisher wurden diese Partnerschaften vorwiegend von den Verwaltungen getragen.
Das Modellprojekt umfasst drei Süd-Nord-Partnertandems, bestehend aus je einer Berliner NGO (Afrika-Rat Berlin-Brandenburg, México vía Berlín, Watch Indonesia!) und einer NGO in der entsprechenden Partnerstadt (NID – Namibian Institute for Democracy NID, WALHI – Wahana Lingkungan Hidup Indonesia, Casa Tochán) sowie einer Gesamtkoordination durch den Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag. Ziel ist es, internationale Nord-Süd-Kooperationen gleichberechtigter, nachhaltiger und lebendiger zu gestalten. Das Projekt orientiert sich am gleichnamigen Städtepartnerschaftskonzept.
In der ersten 1,5-jährigen Projektphase bauen die Tandems Netzwerke in allen vier Städten sowie zwischen diesen (Süd-Nord und Süd-Süd) auf und identifizieren gemeinsam entwicklungspolitische globale Herausforderungen. Gleichzeitig werden die Beziehungen zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft intensiviert.
In einer darauffolgenden 2-jährigen Umsetzungsphase entwickeln die Tandems gemeinsam entwicklungspolitische Projekte, um den globalen Herausforderungen durch lokale Handlungsstrategien zu begegnen. Durch breite transnationale Vernetzung, intensiven Austausch und jährliche Begegnungen entstehen innovative Lösungsansätze, die eine sozialökologische Transformation vorantreiben.
Grundlage des Konzeptes sind drei Grundprinzipien der Partnerschaftsarbeit Gleichberechtigung, Nachhaltigkeit und Lebendigkeit.
Die meisten Menschen würden heute wohl sagen, dass Gleichberechtigung und eine Kooperation „auf Augenhöhe“ selbstverständlich sind. In fast allen Partnerschaftsverträgen und Kooperationsvereinbarungen ist dies verankert. Doch in der Praxis spiegelt sich das nicht in gleicher Weise wider. Welche konkreten Maßnahmen braucht es also, um das Grundprinzip einer gleichberechtigten Partnerschaft umzusetzen?
Ein wichtiger Schritt hin zu einer gleichberechtigten Städtepartnerschaftsarbeit besteht darin, Projekte zu gestalten, die In- und Auslandsmaßnahmen nicht getrennt voneinander betrachten und die Veränderungspotenziale in beiden Partnerstädten berücksichtigen. Maßnahmen entweder nur in der einen oder in der anderen Partnerstadt umzusetzen, widerspricht der Logik einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Unter einer gleichberechtigten Partnerschaft verstehen wir, dass Projekte gemeinsam entwickelt werden, um den globalen Herausforderungen gemeinsam zu begegnen. Dazu gehören das Festlegen gemeinsamer Ziele und Arbeitsweisen sowie ein transparenter Umgang mit der jeweiligen Motivation, Teil dieser Partnerschaft zu sein.
Sicherlich bestehen in vielen Situationen Unterschiede, die mit den jeweiligen lokalen Kontexten, vor allem aber auch mit globalen Machtverhältnissen zusammenhängen. Genau das sollte zwischen Städtepartner*innen thematisiert werden, um diese Unterschiede in der alltäglichen Praxis berücksichtigen zu können. Durch einen möglichst offenen Austausch über Unterschiede und die gemeinsame Gestaltung der Partnerschaft – von der konkreten Zusammenarbeit, über den Umgang mit Konflikten, bis hin zur Konzeption von Projekten – können neue und innovative Herangehensweisen entstehen und dadurch gegenseitige Lerneffekte einsetzen. Dies versuchen wir mit dem Modellprojekt umzusetzen.
Mit dem zweiten Grundprinzip der Nachhaltigkeit, beziehen wir uns auf die Strukturen städtepartnerschaftlicher Zusammenarbeit und darauf, diese stabil und nachhaltig aufzustellen. Städtepartnerschaften sollten nicht vom Engagement einzelner Personen abhängig sein. Im Idealfall tragen mehrere Personen (bzw. Abteilungen, Institutionen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen) die Partnerschaft und übernehmen sich ergänzende Aufgaben. Neben Vertreter*innen aus den jeweiligen Stadtverwaltungen sowie zentralen Akteur*innen der Zivilgesellschaft, ist es das Ziel, ein breites Netzwerk aufzubauen, das weitere zivilgesellschaftliche Akteur*innen in die Gestaltung der Partnerschaft einbindet, wie z.B. Akteur*innen der kommunalen Selbstverwaltung, Schulen, Gewerkschaften, Universitäten, Unternehmen, migrantische/diasporische Gruppen und verschiedene Communities ohne NRO-Strukturen (bspw. Graswurzelbewegungen, informell organisierte Kollektive, etc.). Aus unserer Sicht ist dies – neben den dafür notwendigen finanziellen Ressourcen – eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von Städtepartnerschaften und ihr Bestehen über einen längeren Zeitraum.
Damit eine Städtepartnerschaft nachhaltige Wirkungen und gesellschaftliche Veränderungsprozesse anstoßen kann, ist das dritte Grundprinzip der Lebendigkeit entscheidend. Dieses Prinzip umfasst sowohl punktuelle Aktivitäten (wie Sommer- oder Weihnachtsfeiern, Jubiläen, Mitgliederversammlungen oder Delegationsreisen) als auch langfristige Projekte, die die Zusammenarbeit lebendig halten. Punktuelle Aktivitäten fördern den Aufbau von Beziehungen und Vertrauen zwischen den beteiligten Personen. Ohne diesen Vertrauensaufbau kann eine langfristige und zukunftsfähige Partnerschaft nicht funktionieren. Langfristige Projekte hingegen konzentrieren sich darauf, gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen, um die inhaltlichen Ziele der Partnerschaft zu erreichen. Solche Projekte können Öffentlichkeitsarbeit, Bildungsinitiativen oder Austauschprogramme umfassen. Besonders Austauschprogramme sind zentral, um weitere Personengruppen aus der lokalen Bevölkerung einzubeziehen und gegebenenfalls Ehrenamtliche oder Mitglieder für die Partnerschaftsarbeit zu gewinnen.
BER – Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag
Der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER) koordiniert das Städtepartnerschafts-Modellprojekt.
Der BER ist der Dachverband der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen von Berlin. Er vertritt über 120 Mitgliedsgruppen nach außen und vernetzt sie nach innen. Der BER sensibilisiert die Berliner*innen für den Eine-Welt-Gedanken und setzt sich für Veränderungen in Berlin sowie im Globalen Norden allgemein ein – denn es muss auch im Norden umgesteuert werden, um globaler Gerechtigkeit näher zu kommen. Internationale (Städte-)Partnerschaften sieht der BER als Chance um gemeinsam globale Herausforderungen anzugehen, voneinander zu lernen und daraus lokale Lösungsansätze entwickeln zu können.
WALHI – Wahana Lingkungan Hidup Indonesia
Wahana Lingkungan Hidup Indonesia (Indonesisches Umweltforum), kurz WALHI, wurde 1980 gegründet und beschäftigt sich mit einer Vielzahl von Themen an der Schnittstelle von Umwelt und Menschenrechten. In städtischen Kontexten, einschließlich Jakarta, liegen die Arbeitsschwerpunkte der Organisation auf dem Recht auf Wasser und Wohnen, Umwelt- und Luftverschmutzung, den Auswirkungen der Energiewende und Wegen zu einer gerechten Energiewende sowie auf gerechtem Klimaschutz und Klimaanpassung. WALHI legt großen Wert darauf, Querschnittsthemen wie die Klimakrise, Gendergerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit in ihre Arbeit zu integrieren.
Watch Indonesia!
Watch Indonesia! existiert seit 1991 und setzt sich für Menschenrechte, Demokratie und Umweltschutz in Indonesien und Timor-Leste ein. Die Arbeit des Vereins umfasst unter anderem die Themen Vergangenheitsaufarbeitung, Beendigung von Straflosigkeit, Gerechtigkeit und Versöhnung sowie Klimagerechtigkeit, Land- und Indigenenrechte. Der Verein strebt an, zivilgesellschaftliche Akteur*innen zu stärken, damit sie politischen Einfluss ausüben und ihre Anliegen wirkungsvoll vertreten können. Zudem trägt die Arbeit des Vereins dazu bei, dass die Öffentlichkeit und Politik in Deutschland und Europa ein vertieftes Verständnis für die Probleme und Herausforderungen in Indonesien und Timor-Leste entwickeln.
México vía Berlín
México vía Berlín (MvB) ist ein Verein, der seit 2011 aktiv ist und sich für soziale und ökologische Gerechtigkeit in Mexiko und Deutschland einsetzt. Dabei arbeitet der Verein mit einem breiten Netzwerk von Organisationen und sozialen Bewegungen in Mexiko und Deutschland.
MvB versucht, die politischen Prozesse in Mexiko, die eine aktive Beteiligung Deutschlands erfordern, durch Theorie- und empirische Forschung zu den politischen, sozialen und ökonomischen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko aus einer kritischen, multidisziplinären und internationalistischen Perspektive aufmerksam zu verfolgen.
Durch Publikationen, Workshops, Lesekreise, Vorträge und Netzwerkveranstaltungen mit Aktivist*innen und Organisationen aus beiden Ländern werden die Themen Menschenrechte, Umwelt und Kultur behandelt. Das Ziel von MvB ist es, durch aktive und multidirektionale Solidaritätsnetzwerke auf die bilateralen Agenden einzuwirken: von der Wissenschaft zur Politik, von der Bildung zur Aktion, von der Theorie zur Praxis und zurück.
Casa Tochán ist eine zivilgesellschaftliche Organisation, die sich für den Respekt und die Förderung der Menschenrechte von Migrant*innen und Asylbewerber*innen sowie von anderen vulnerablen Gruppen in Mexiko-Stadt einsetzt. Durch die Solidarität und die Zusammenarbeit, die Casa Tochán aufgebaut hat, konnte 2011 die erste Unterkunft in Mexiko-Stadt eröffnet werden, in der Migrant*innen und Asylbewerber*innen, die in Mexiko ankommen, medizinische und psychologische Betreuung sowie Rechtsberatung erhalten können.
Obwohl die Unterkunft das Herzstück der Arbeit von Casa Tochán ist, engagiert sich die Organisation auch für die Verbreitung und Förderung der Menschenrechte für alle Menschen. Deshalb gehört zu den Netzwerken von Casa Tochán eine Vielfalt von Organisationen, Schulen, Universitäten, Kirchen und Ehrenamtlichen, die in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Kultur, Musik, Kunst, Handwerk arbeiten. Das gemeinsame Ziel ist die Förderung der sozialen Gerechtigkeit mit einem Schwerpunkt auf der Erinnerungskultur.
In einem Kontext, in dem die Migrations- und Menschenrechtsarbeit stark stigmatisiert ist, ist Casa Tochán durch die engagierte Arbeit von Freiwilligen aus verschiedenen Gebieten Mexikos, Mittel- und Südamerikas, den USA, Deutschland und anderen Ländern sowie durch die Solidarität mit den Nachbar*innen im Stadtviertel, in dem die Organisation ihren Sitz hat, entstanden.
AfrikaRat Berlin Brandenburg
Der Dachverband Afrika-Rat Berlin Brandenburg e.V. ist ein Netzwerk von Vereinen, Organisationen, Initiativen und Menschen der afrikanischen Diaspora in Berlin und Brandenburg und wurde 2005 gegründet. Mittlerweile hat er 36 Mitgliedsorganisationen und ist ein Gesellschafter der Berlin Global Village gGmbH. Die wichtigste Aufgabe des Afrika-Rats ist es, die gemeinsamen Interessen der afrikanischen Diaspora in Berlin und Brandenburg zu bündeln und zu vertreten. Im Sinne der Völkerverständigung, der Stärkung der pluralen Gesellschaft, der Teilhabe an sozialer und beruflicher Integration fördert der Dachverband die Zusammenarbeit der Mitgliedsverbände, Organisationen, Projekte, Gruppen und Menschen der afrikanischen Diaspora. Der Afrika-Rat setzt sich für ein gleichberechtigtes, solidarisches Zusammenleben mit allen Menschen im Land Berlin und Brandenburg ein.
Das Namibia Institute for Democracy (NID) wurde 1991 gegründet, um die Demokratisierung Namibias durch den Zugang zu Informationen und Wissen zu fördern. Das NID führt Maßnahmen in den Bereichen der Entwicklung des Gemeinwesens, staatsbürgerliche Bildung, Sozialpolitik, Wählerschulung, Gender Mainstreaming, Korruptionsbekämpfung und Schulung politischer Führungskräfte durch und betreibt einschlägige Forschung.
Das NID befähigt Entscheidungsträger*innen, Parteiverbindungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Strafverfolgungsbehörden und traditionelle Autoritäten, die Verfassung zu schützen und die von Namibia unterzeichneten Menschenrechtsinstrumente zu wahren.
Als Mitglied der Access to Information Coalition (ACTION) und Gründungsmitglied des Civil Society Information Centre Namibia hat NID in den 32 Jahren ihrer Tätigkeit zahlreiche Partnerschaften mit einer Reihe von Akteur*innen der Entwicklungszusammenarbeit aufgebaut und gepflegt und so Synergien und Nachhaltigkeit gefördert.
Tel.: +49 (0)30 53672911
E-mail: 3-staepa@eineweltstadt.berlin
Das Modellprojekt wird gefördert von
Projektvideo dt. mit dt. UT
Projektvideo dt. mit indonesischen UT
Film Jerman dengan subtitle bahasa Indonesia
Projektvideo dt. mit spanischen UT
Video del proyecto en alemán con subtítulos en español
Projektvideo dt. mit engl. UT
Project film in German with English subtitles
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