Eure Beteiligung ist wichtig!
Globales Lernen und Dekolonisierung in den Rahmenlehrplänen für Berliner Schulen
Interview mit Sabine Seiffert im BER-Newsletter, Nr. 5, Juli 2024
Die Berliner Bildungsverwaltung überarbeitet die Rahmenlehrpläne für die Fächer Geschichte, Geografie, Philosophie und Politische Bildung für die gymnasiale Oberstufe in Berlin und Brandenburg. In einer gemeinsamen Stellungnahme von BER und Decolonize Berlin fordert der BER: „Schule demokratisieren und diversitätskompetent sowie global gerecht gestalten“.
Bis 13. September 2024 haben NGOs die Möglichkeit, die Entwürfe zu kommentieren (Passwort: RLP). Der BER koordiniert dazu einen Prozess im BER-Netzwerk. Über die Bedeutung der Rahmenlehrpläne und deren Überarbeitung der Rahmenlehrpläne haben wir mit BER-Referentin Sabine Seiffert gesprochen.
Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER): Sabine, Du beschäftigst Dich schon lange mit dem Globalem Lernen in der schulischen Bildung und wie es dazu beitragen kann, die Demokratiefähigkeit der Schüler*innen zu fördern und die Herausforderungen der Globalisierung zu thematisieren. Warum ist es wichtig, dass die Berliner Rahmenlehrpläne überarbeitetet werden? Ändert sich damit das Schulsystem?
Sabine Seiffert: Das Schulsystem ändert sich dadurch nicht, das wären zu hohe Erwartungen. Die Rahmenlehrpläne legen fest, welche Inhalte mit welchen Methoden in Schule unterrichtet und welche Kompetenzen entwickelt werden sollen. Sie sollen Schüler*innen darauf vorbereiten, die Gesellschaft für die Zukunft mitzugestalten und weiter zu entwickeln.
Laut Berliner Schulgesetz sollen die Pläne nach zehn Jahren überarbeitet werden. Sie sollen somit auf den wissenschaftlich, didaktischen und pädagogischen Stand gebracht werden. Je nach gesellschaftlichem Akteur, ob Wirtschaft, Zivilgesellschaft oder Politik, unterscheiden sich dann auch die Erwartungen an Schule.Ein guter Lehrplan kann aber nur gut umgesetzt werden, wenn Lehrkräfte Zeit haben, um sich regelmäßig weiterzubilden.
Welche Inhalte und Kompetenzen müssen aus Sicht der entwicklungspolitischen Zivilgesellschaft, die ja viele Angebote zum Globalen Lernen in Schulen macht, in den Lehrplänen enthalten sein?
Schule soll ein demokratischer, diversitätskompetenter sowie global gerecht gestalteter Lernort sein, in dem Globales Lernen und Dekolonisierung fachübergreifend verankert sind. Dadurch werden Schüler*innen auf die globalisierte Welt mit ihren Chancen und Herausforderungen vorbereitet. Über Globales Lernen verstehen die Schüler*innen globale Zusammenhänge, wie die Klimakatastrophe, aber auch soziale oder ökonomische Ungleichheiten, zum Beispiel im Welthandel. Es fördert Handlungskompetenzen für den Umgang mit Komplexität und Ambiguitätstoleranz, also zu lernen, mit mehrdeutigen Situationen umzugehen, Widersprüche auszuhalten, sich von ihnen nicht lähmen zu lassen.
Beim Globalen Lernen geht es also darum, lokale und globale Identitäten zu vereinen, und nicht als Widerspruch zu verstehen. Diese Kompetenzen sind entscheidend, um sich konstruktiv in gesellschaftliche Prozesse einzubringen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus. Der BER setzt sich dafür ein, dass er als Unrechtssystem mit gravierenden Folgen für die kolonisierten Länder im Globalen Süden anerkannt wird und seine Aufarbeitung auch im Schulunterricht thematisiert wird. Das kann für Rassismus sensibilisieren und motiviert, sich für eine diversitätskompetente und diskriminierungsfreie Schule, Gesellschaft und Welt einzusetzen.
Wie kann man sich am Kommentierungsprozess beim BER beteiligen?
Eure Beteiligung ist wichtig! Die Kommentierung ist ein demokratischer Prozess. Je mehr NGOs sich an der Online-Anhörung der Bildungsverwaltung beteiligen, desto größer ist die Chance, dass auch die Expertisen der Zivilgesellschaft in die Rahmenlehrpläne einfließen.
Die Kommentierungsphase läuft bis zum 13. September 2024. Das Passwort für die Kommentierung lautet RLP.
Bis zum 28. Juli 2024 könnt ihr dem BER Eure Anmerkungen zukommen lassen. Diese werden gebündelt in die offizielle Kommentierung einfließen und auch veröffentlicht, so dass jede NGO eigene Kommentare daraus erstellen kann.
Der nächste Austausch zur Kommentierung findet am 19. Juli von 9:00 bis 11:00 Uhr im Berlin Global Village statt. Anmeldung unter seiffert@eineweltstadt.berlin