Kolonialismus ist ein historisch gewachsenes globales System rassistischer Gewalt, Ausbeutung und Ungleichheit unter europäischer Vorherrschaft. Das „post-“ beschreibt nicht das Ende des Kolonialismus, sondern betont dessen fortwirkenden Einfluss auf die Gegenwart – und zwar sowohl in den ehemals kolonisierten Gebieten als auch in den Gesellschaften, die kolonisiert haben.
BIPoC umfasst Selbstbezeichnungen verschiedener Gruppen, die etwa von anti-Schwarzem oder anti-asiatischem Rassismus betroffen sind. Sie verweisen einerseits auf Prägungen im Kontext von Rassismus mit seiner Geschichte von Versklavung, Kolonisierung und Widerstand – andererseits eint sie die gemeinsame Erfahrung von strukturellem Rassismus. (BER)
Kolonialismus ist ein historisch gewachsenes globales System rassistischer Gewalt, Ausbeutung und Ungleichheit unter europäischer Vorherrschaft.
Dekolonisierung benennt den Prozess, diese vielfältigen kolonialen Hinterlassenschaften abzubauen. (BER)
beschreibt den historisch formalen Prozess der sogenannten staatlichen Unabhängigkeit ehemaliger Kolonien, damit unterscheidet er sich von Dekolonisierung als andauernden Prozess der Veränderung. (BER)
Die Begriffe “Globaler Süden” und “Globaler Norden” beschreiben die historisch gewachsenen und gegenwärtigen Macht- und Unterdrückungsstrukturen auf globaler Ebene. Der Begriff Globaler Süden beschreibt Länder und Orte auf der Welt (zum Beispiel Länder in Afrika, Südostasien oder Süd- und Mittelamerika), die sich global betrachtet in einer politisch und wirtschaftlich benachteiligten Position befinden. Dieser Zustand ist auf die europäische Kolonialzeit und die damit verbundene Ausbeutung jeglicher Art zurückzuführen, die wiederum vom Globalen Norden (zum Beispiel Europa und die USA) ausgeht. Länder des Globalen Nordens befinden sich in einer privilegierten Machtposition und werden auch häufig als “westliche Welt” oder der “Westen” bezeichnet. Die Einteilung in Süd und Nord wird unabhängig von der geografischen Verortung verstanden, denn auch Australien zählt zum Beispiel zu den Ländern des Globalen Nordens. Die Bezeichnung Globaler Süden soll wertende und fremdbestimmte Ausdrücke für die besagten Länder ersetzen. (Laura Bechert, Shaylı Kartal, Dodo)
Im Wort Intersektionalität steckt das englische Wort „Intersection“, was auf Deutsch „Überschneidung“ oder „Kreuzung“ bedeutet. Der Begriff ist auf die Wissenschaftlerin und Juristin Kimberlé Crenshaw zurückzuführen.
Er macht deutlich, dass viele Menschen nicht nur entweder von der einen oder der anderen Diskriminierungsform betroffen sind, sondern unterschiedliche Formen sich gleichzeitig auswirken (können). Menschen können also zum Beispiel aufgrund ihres Alters, ihrer Hautfarbe und ihrer Geschlechtsidentität mehrfach diskriminiert werden. Bei der Diskriminierung von Menschen spielen verschiedene soziale Ungleichheiten bzw. Machtverhältnisse zusammen. Klassismus ist ebenfalls eine Form der Diskriminierung aufgrund der finanziellen, wirtschaftlichen benachteiligten Situation einer Person, die intersektional wirkt. (Laura Bechert, Shaylı Kartal, Dodo)
Hierbei handelt es sich um eine Diskriminierung aufgrund der Zuschreibung zu mehreren sozialen Gruppen. LSBTI können so Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und / oder der geschlechtlichen Identität erfahren und darüber hinaus aufgrund anderer Faktoren. So kann eine Schwarze, lesbische Frau* Diskriminierung aufgrund rassistischer Zuschreibungen, aufgrund des Lesbischseins und aufgrund des Lesbischseins als Schwarze und als Frau* erleben. (LSVD)
bezeichnet fortwirkende oder neue Formen von Abhängigkeit und Ausbeutung nach dem Ende des formalen Kolonialismus. Demnach werden ehemals kolonisierte Gebiete heute mit neokolonialistischen Mitteln indirekt von ehemaligen Kolonialmächten beherrscht, u.a. durch finanzielle (z.B. durch Kredite), aber auch politische, technologische, militärische oder kulturelle Abhängigkeiten. (NdM)
Rassifizierung (auch: Rassialisierung, Rassisierung) bezeichnet die Konstruktion von „Rassen“ durch Kategorisierung, Homogenisierung und Hierarchisierung von Menschen auf der Grundlage ausgewählter Merkmale wie Hautfarbe, Sprache oder Religion. Dem Merkmal wird eine existenzielle Bedeutung zugeschrieben und zugleich wird es als wesentliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Gruppen begriffen. (RISE)
„Schwarz“ wird nicht als biologistische Zuordnung verwendet, sondern bezeichnet eine politische und soziale Konstruktion. In Anlehnung an die Black-Power-Bewegung wurde die Bezeichnung „Schwarz“ zu einem Symbol für den Widerstand gegen Rassismus und verweist auf die Konstruktion von Hautfarbe als Differenzierungsmerkmal. Die Großschreibung weist auf eine Strategie der Selbstermächtigung hin. Auch weiß stellt ein soziales Konstrukt dar. Dennoch wird weiß klein geschrieben, um es von Schwarz und der darin eingeschriebenen Selbstermächtigung zu unterscheiden. Weiß wird kursiv gesetzt, um den konstruierten Charakter deutlich zu machen. Er markiert Personen oder Verhältnisse angesichts rassifizierter Vorstellungen als Macht ausübend und normgebend. Weiß kann auch eine kritisch positionierte Selbstbezeichnung sein, um diese in der Regel unbenannte aber privilegierte Positionierung weißer Menschen sichtbar zu machen. (BER)
Jessica Fernández, Koloniale Aneignung. Indigenes Wissen über Pflanzen. In: Mainstreaming Decolonize! Koloniale Kontinuitäten in der Entwicklungspolitik. BER (2022).
Die Kolonialmächte verbreiteten die Kaffeepflanze in den Kolonien im Globalen Süden, wo die klimatischen Bedingungen dies zuließen, um sie für den Konsum im Globalen Norden nutzbar zu machen. Nur weil europäische „Reisende“ im 17 Jahrhundert das Kaffeegetränk in arabischen Regionen kennenlernten, kam die botanische Bezeichnung „coffea arabica“ zustande. Carl von Linné ordnete damals die Kaffeepflanze erstmals botanisch ein. Dass Kaffee eigentlich aus Äthiopien kommt und eine lange Tradition hat, spielte dabei kaum eine Rolle. Die Bezeichnung, Einteilung und Hierarchisierung von Menschen, Natur und Tieren durch ehemalige europäische „Forscher“ offenbart koloniale und eurozentrische Denkweisen.
Durch die Verbreitung von Kaffee wurde es von einem Luxusgut für Wenige im Globalen Norden zu einem Alltagsprodukt für Viele im Globalen Norden. Im Globalen Süden ist Kaffee in seiner (importierten) gerösteten Form weiter ein Luxusgut. Unternehmen wie Nestlé verbreiten den weniger hochwertigen sich auflösenden Kaffee in großen Mengen im Globalen Süden. Bis heute gilt Kaffeetrinken als „fortschrittlich“ und „weltgewandt“. Häufig bleibt dabei unsichtbar, dass Produktions- und Konsummuster beim Kaffee durch die Wirksamkeiten des Kolonialismus ungleich verteilt sind.
1750 wurden 36 Millionen Kilo Kaffee verbraucht, 1850 lag der Verbrauch schon bei 240 Millionen Kilo. 2020 liegt der Anteil bei 10,5 Milliarden Kilo.
Im Durchschnitt konsumieren Kaffeetrinker*innen in Deutschland pro Tag jeweils 3,8 Tassen. In Brasilien, dem größten Rohkaffee-Exporteur, trinken die Menschen im Vergleich ca. 1,3 Tassen Kaffee pro Tag.
Eine kleine Anzahl von multinationalen Handels- und Röstfirmen aus dem Globalen Norden dominiert die Kaffee-Lieferkette bis heute. Nur fünf multinationale Konzerne beherrschen 45% des Kaffeemarkts: Nestlé als Kaffeeweltmarkführer, JDE-Peets (Jacobs), Smuckers, Starbucks, Lavazza und auch Tchibo.
Aber auch Deutschland verdient an der Produktion des Kaffees: Deutschland ist zweitgrößter Kaffeeimporteur weltweit und eines der wenigen Länder die noch eine Importsteuer auf gerösteten Kaffee erhebt. Im Gegenzug gehört Deutschland zu den führenden Exporteuren von bereits geröstetem und weiter verarbeitetem Kaffee.
Digitales Lernangebot „Zwischen Petition und Rebellion“
Komm mit auf eine Zeitreise in die Welt des antikolonialen Widerstands nach Kamerun: Acha und Kenjo, zwei Jugendliche aus Douala, begleiten dich durch die Stories und diskutierten die Auswirkungen des Kolonialismus und der Widerstandsbewegungen aus heutiger Perspektive. Du erfährst, mit welchen Absichten die Kolonisatoren sich das Land aneignen wollten, aber vor allem welche vielfältigen Strategien die Menschen entwickel(t)en um sich gegen die Kolonisation zu widersetzen.
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Serge Palasie, Koloniale Kontinuitäten als SDG-Bremse? Wurzeln globaler Ungerechtigkeit. In: Mainstreaming Decolonize! Koloniale Kontinuitäten in der Entwicklungspolitik. BER (2022).
Die Multi-Media-Reportage wurde gefördert von der Landesstelle für Entwicklungzusammenarbeit.
Für die Inhalte der Multi-Media-Reportage ist allein der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER) verantwortlich. Die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe wieder.