Koloniale Wirtschaft
Im Kolonialismus wurden Land, Rohstoffe und Ressourcen geraubt, Menschen für den wirtschaftlichen Nutzen der Kolonialmächte und den Konsum „ihrer“ Bevölkerungen ausgebeutet. Der transatlantische Versklavungshandel zwischen dem europäischen, afrikanischen und (latein-)amerikanischen Kontinent hat dies ermöglicht. Für das europäische koloniale Projekt bedurfte es darüber hinaus eines Netzwerkes an europäischen Handelshäusern, Schifffahrtslinien, Versicherungen und Kreditinstitutionen. Die bekannteste deutsche Reederei, die am Kolonialismus verdiente, ist die Woermann-Linie: Bis heute sind viele Straßen Deutschlands und auch eine in Berlin, nach dem Koloniallobbyisten Adolph Woermann benannt.
Die finanziellen Geschäftsbeziehungen erledigt zum Beispiel die Deutsche Bank. Sie war die wichtigste deutsche Finanzinstitution zur wirtschaftlichen Ausbeutung in den deutschen Kolonialgebieten. Sie investierte aber auch in Kolonien anderer Kolonialmächte und profitierte von kolonialen Geschäften. Landwirtschaftliche Produkte, Kaffee und Gewürze, so genannte Kolonialwaren, wurden in Kolonialwarenläden verkauft. 540.000 solcher Art gab es 1914 in Deutschland. Händler schlossen sich in der „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin“, heute EDEKA, zusammen, um bessere Rahmenbedingungen für den Verkauf zu organisieren.
Importgüter aus Deutsch-Südwestafrika (dem heutigen Namibia) waren zum Beispiel: Diamanten, Kupfererz, Blei, Wolle, Harze, Gerbstoffe und Felle. Diese Güter wurden über Eisenbahnnetze, die in den Kolonien zum Beispiel von der Otavi Minen- und Eisenbahn-Gesellschaft (gegründet 1900 in Berlin, bis heute als Otavi Mineralien GmbH aktiv) gebaut wurden, an die Häfen der Küsten Afrikas gebracht. Die Aktionäre dieser Gesellschaft erhielten jährlich 10% Dividende (ca. 6 Millionen Reichsmark). Aber auch Güter aus Lateinamerika wurden im Kolonialismus zum Schaden von Menschen und Natur geraubt. Firmen in Deutschland, die bis heute aktiv sind, haben die Güter weiterverarbeitet, z.B. die Norddeutsche Affinerie AG (seit 2008 Aurubis AG). Eisenerze aus Mittel- und Südamerika sicherten die Elektrifizierung und die Entwicklung der Telefonie ab 1890 in der Stadt Berlin. Kautschuk aus Lateinamerika diente der industriellen Revolution in ganz Europa.
Bis heute bauen globale Lieferketten und Rohstoffpolitiken auf diesem kolonialen Prinzip auf: Während die Schäden für extensive Landwirtschaft und den Rohstoffabbau im Globalen Süden verbleiben, erfolgt die Wertschöpfung und der Konsum im Globalen Norden. Unternehmen im Globalen Norden und Staaten, die damals vom Kolonialismus profitierten, haben bis heute diesen „Wettbewerbsvorteil“. Aber damals wie heute wird Widerstand gegen Ausbeutung organisiert. Ob in den Quilombos, den Vollversammlungen von Aty Guasu der Guarani Kaiowá oder dem historischen Aufstand der Herero und Nama im heutigen Namibia.
Mit Daten aus einer Recherche des BER-Mitglieds PowerShift