• Do., 21.09.2023 | 19:00-21:00 Veranstaltung
Indigene Rechte in Gefahr: Gemeinschaften in Isolation und die Ausbeutung Amazoniens
mit Beatriz Huertas – Anthropologin aus Peru, Beraterin für die Rainforest Foundation of Norway und die Organización Regional de Pueblos Indígenas del Oriente; Roberto Narváez – Anthropologe aus Ecuador, Universidad Andina Simón Bolívar und
Norma Riaño – Anthropologin aus Kolumbien, Amazon Conservation Team. Weitere Infos und Anmeldung hier.
• 16.08.2023 Artikel
Stichtagsregelung Marco Temporal verstößt gegen internationales Recht
von Christian Russau
Ohne den Erhalt des amazonischen Regenwaldes wird es nicht gelingen, die Folgen des Klimawandels einzudämmen. Und ohne die Unterstützung und Stärkung (der Rechte) der indigenen Völker Amazoniens wird es nicht möglich sein, den Regenwald zu schützen. Doch die Regenwaldgebiete geraten immer stärker in den Fokus wirtschaftlicher Interessen. Für Amazonien bedeutet die intensivierte Rohstoffausbeutung: Aufweichen von Schutz- und Umweltgesetzen, illegaler Holzeinschlag, Freigabe von indigenen und Naturschutzgebieten für Viehweiden, Erdölförderung und Bergbau, Palmölplantagen und Sojaanbau, Bau von Staudämmen; für die in Amazonien lebenden Menschen: Entwurzelung, Vertreibung, Zerstörung ihrer Lebensräume, Verlust der Artenvielfalt. Vor allem in Brasilien, dem Land mit dem größten Anteil Amazoniens, sind der Regenwald und dessen Bewohner*innen bedrohter denn je.
Dies ist ein Beweggrund dafür, dass nach Konsultationen mit Partner*innen vor Ort und der Europäischen Geschäftsstelle des Klima-Bündnis, in dessen Vorstand auch der Dachverband der indigenen Organisationen des Amazonasbeckens-COICA vertreten ist, ein Vorhaben in Brasilien als langfristig angelegtes Südpartnerschaftsprojekt im Kontext der Berliner Mitgliedschaft im Klima-Bündnis identifiziert wurde. Seit Juli 2022 unterstützt das Land Berlin über die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit (LEZ)/SenWEB den Aufbau, die sukzessive Ausgestaltung und den Betrieb eines Kultur- und Bildungszentrums der Munduruku in Brasilien.
Das Volk der Munduruku lebt seit mindestens drei Jahrhunderten im Einzugsgebiet des Flusses Tapajós im westlichen Bundesstaat Pará des brasilianischen Amazonas. Es zählt heute mehr als 13.000 Menschen, die in 142 Dörfer am Ober- und Mittellauf des Flusses leben. Wie andere indigene Gruppen Amazoniens auch waren und sind die Munduruku bei ihrem beständigen Kampf um ihre Rechte, den Schutz ihres Territoriums und des Regenwaldes vielfältigen Formen von Druck und Gewalt ausgesetzt. Ihnen ist bewusst, dass ihre Geschichte und Kultur (ihre Mythen, ihre Sprache und ihre traditionellen Praktiken) eine zentrale Rolle für die soziale und politische Stärkung spielen, die wiederum unabdingbar ist für ihre Selbstbestimmtheit und ihr Überleben als differenzierte Gemeinschaft in einem Nationalstaat, der sie an vielen Fronten bedroht.
Der Aufbau des Kultur- und Bildungszentrums soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Munduruku Gemeinschaften einen historischen, kulturellen und politischen Referenzrahmen zur Stärkung ihrer Gemeinschaft zu ermöglichen: einen Raum, in dem die Munduruku ihre Identität erkennen, ihre Verbindung zu ihrer „community“ stärken und ihr Handeln gegenüber der nicht-indigenen Welt verbessern können.
Das Zentrum wird in einem Dorf am mittleren Tapajós aufgebaut und trägt den Namen „Centro de Formação Munduruku Akay Buray“. Das ist Munduruku und bedeutet „Estou a disposição. É um prazer receber vocês“ – übersetzt: „Ich bin bereit und es ist mir ein Vergnügen dich zu empfangen!“
Die Aktionsbereiche des Zentrums sind die folgenden:
Die dem Zuwendungszweck entsprechende Durchführung des Berliner Klima-Bündnis Südpartnerschaftsprojekts wird in enger Kooperation mit dem FDCL von der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V. (ASW) verantwortet. Vor Ort in Amazonien sind die direkten Ansprechpartner*innen/Verantwortlichen für die Umsetzung dieses Projekts FAOR (Orientales Amazonas Forum) und Repräsentant*innen der Munduruku. FAOR ist ein fast 300 Organisationen, Bewegungen und Initiativen im östlichen Teil des brasilianischen Amazonasgebiets umfassendes Netzwerk.
In Ecuador stimmt die Bevölkerung zehn Jahre später doch noch über den Yasuní ab
Vor fünfzehn Jahren zog der Andenstaat Ecuador mit einer historischen Initiative die internationale Aufmerksamkeit auf sich: Das Erdöl im Nationalpark Yasuní würde im Boden bleiben, wenn die Weltgemeinschaft Ecuador für den Einnahmenverlust entschädigte. Zu gewinnen gab es für alle die Einsparung von CO2. Die Weltgemeinschaft zahlte nicht und 2013 begann ein zähes Ringen um das Erdöl und die Landrechte von isoliert lebenden indigenen Gemeinden. Das Kollektiv YASunidos (heute YASunidxs) versuchte, eine Volksbefragung durchzusetzen, um das Öl im Boden zu lassen, doch ein großer Teil der Stimmen wurde für ungültig erklärt. Zehn Jahre später entschied das Verfassungsgericht: Das war unrechtmäßig. Im August soll nun die ecuadorianische Bevölkerung über die Zukunft des Yasuní entscheiden.
von Fernando A. Muñoz-Miño
Am 20. August dieses Jahres wird die ecuadorianische Bevölkerung an die Urnen gehen, um zu entscheiden, wer in der Übergangsperiode bis 2025 die Exekutive und die Legislative führt. Inmitten von Hektik, Improvisation und politischen Manövern, die bei den Wähler*innen tiefes Misstrauen und Argwohn hervorrufen, haben die Parteien Kandidat*innen aufgestellt und Wahlkampfprogramme verabschiedet, die auf die ihrer Meinung nach dringendsten Probleme Ecuadors eingehen, darunter Sicherheit, Korruptionsbekämpfung, Stärkung der Institutionen und Wiederbelebung der Wirtschaft.
Diese vorgezogenen Wahlen sind wichtig in Anbetracht der aktuellen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise im Land, die durch zunehmende Unsicherheit und Gewalt verschärft wird. Und die Wahlen fallen mit einem in der demokratischen Geschichte Ecuadors noch nie dagewesenen Prozess zusammen: der Volksbefragung zum Nationalpark Yasuní. Bei diesen Wahlen werden die mehr als 13 Millionen ecuadorianischen Wähler*innen darüber entscheiden, ob das Erdöl im Boden gelassen werden soll, um so einen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel zu leisten und den Übergang zu einer Wirtschaft ohne Erdöl einzuleiten, oder ob die Ausbeutung der fossilen Brennstoffe fortgesetzt werden soll, wodurch die wirtschaftliche Abhängigkeit vertieft und die Menschen sowie die Pflanzen- und Tierarten, die in diesem Gebiet heimisch sind, dauerhaft gefährdet werden.
Zum ersten Mal haben die Bürger*innen eines Landes die Möglichkeit, sich für den Erhalt des Lebens, die Rechte der Völker in freiwilliger Isolation und die ökologische Transformation weg von der Erdölausbeutung auszusprechen. Das allein ist schon historisch. Aber die Volksbefragung ist auch das Ergebnis eines zehnjährigen Kampfes und des anhaltenden Widerstands sozialer Organisationen, insbesondere des Kollektivs YASunidxs. Das Kollektiv versucht seit 2013, dass dieser Mechanismus der direkten Demokratie eingesetzt wird. Warum ist diese Volksbefragung so entscheidend? Das zeigt ein Blick auf die Geschichte des Yasuní.
Yasuní bedeutet in Wao Tededo, der Sprache der Waorani-Nationalität, „heiliges Land“ und bezieht sich auf ein traditionelles Territorium zwischen den Flüssen Napo und Curaray im ecuadorianischen Amazonasgebiet. Aufgrund seiner biologischen Bedeutung und weil er die Heimat indigener Völker und Nationalitäten ist, deklarierte ihn der ecuadorianische Staat 1979 zum Nationalpark. Die UNESCO erklärte ihn dann 1989 zum Biosphärenreservat und 1999 zum unantastbaren Schutzgebiet, um die Völker in freiwilliger Isolation zu schützen. Trotzdem wurden hier inzwischen mehr als 15 Ölprojekte durchgeführt. Block 43, auch Yasuní ITT genannt, ist das jüngste – und es liegt im am meisten gefährdeten Gebiet.
Die Region wurde im Pleistozän, der letzten Eiszeit, als Zufluchtsort genutzt, da es eine der wenigen grünen und blühenden Vegetationsinseln war. So kam es dort zu einer ungewöhnlich hohen Konzentration von Pflanzen und Tieren, die bis heute erhalten geblieben ist. Es wurden bis heute im Yasuní mehr als 165 Säugetierarten, 630 Vogelarten, 130 Amphibienarten, 540 Fischarten pro fünf Flusskilometer, 72 Reptilienarten, mehr als 100000 Insektenarten pro Hektar und mehr als 1130 Pflanzenarten entdeckt – das sind mehr Pflanzenarten als in ganz Nordamerika.
Diese Biodiversität ist wichtig für Ecuador, den Kontinent und die Welt, da sie Bestäubungsprozesse in Gang setzt, die Erneuerung von Wasserkreisläufen ermöglicht und grundlegende biotechnologische Ressourcen schafft. Es gibt keinen Zweifel, dass die Bestäubung dank der Arbeit von Insekten, Vögeln und Säugetieren unverzichtbar für die Erzeugung von Nahrungsmitteln für Mensch und Tier ist. Sie beeinflusst den Kreislauf des Lebens nicht nur in diesem Gebiet, sondern in der gesamten Region. Die vielen Pflanzenarten tragen dazu bei, Regenfälle anzuziehen, die die Flüsse und Lagunen des Amazonasbeckens speisen, Kohlendioxid binden und Trinkwasserquellen erneuern. Außerdem ist die biologische Vielfalt wesentlich für die Herstellung neuer Medikamente und Biotechnologien. So wurde im Yasuní der Pilz Pestalotiopsis microspora endeckt, der in der Lage ist, bestimmte Kunststoffarten abzubauen und damit eine Alternative im Kampf gegen die Plastikverschmutzung darstellt.
Im Yasuní leben zahlreiche Gruppen von Menschen wie die mestizischen Siedler*innen, die amazonischen Kichwas, die Shuar und die Waorani. Die Tagaeri und Taromenane sind besonders zu erwähnen, da sie die letzten indigenen Völker sind, die in Ecuador freiwillig isoliert leben.
Rohstoffförderung wird immer als Chance für die Entwicklung angepriesen, dabei hat sie in der Vergangenheit zahlreiche Umweltprobleme verursacht: Abholzung, Wasserverschmutzung, Verlust der biologischen Vielfalt. Zudem gibt es soziale Folgen: Ungleichheit und Gewalt nehmen zu, soziale Gefüge werden erschüttert und Gemeinschaften werden zunehmend wirtschaftlich abhängig vom Erdöl, weil andere lokale Wirtschaftsbereiche zum Erliegen kommen. Im Fall der Völker in freiwilliger Isolation ist die Erdölausbeutung sogar noch gravierender: Sie könnte zum Ethnozid führen.
In der Hoffnung, diese Probleme zu bekämpfen, und mit dem Willen, eine konkrete Alternative zu schaffen, wurde die Yasuní-ITT-Initiative ins Leben gerufen. Die Initiative war ein von der Zivilgesellschaft vorangetriebenes Projekt, das 2007 vom ecuadorianischen Staat angenommen wurde. Es zielte darauf ab, das Öl im Yasuní-Block 43, der in Anlehnung an die Ölfelder Ishpingo, Tiputini und Tambococha als ITT bezeichnet wird, im Boden zu lassen. Im Gegenzug sollte die internationale Gemeinschaft Ecuador finanziell entschädigen – als Anerkennung, wie wichtig es im Kampf gegen den Klimawandel wäre, das Öl nicht zu fördern. 407 Millionen Tonnen CO2 könnten so eingespart werden. Im August 2015 gab die Regierung jedoch das Ende der Initiative bekannt, da die erwarteten Fördermittel nicht erzielt werden konnten, und leitete den Prozess zur Aufnahme der Erdölförderung in dem Gebiet ein. Sie versprach minimale Eingriffe und die Anwendung der besten verfügbaren Technologie, um Umweltprobleme zu vermeiden.
Während der Staat also die Transformation begrub, organisierte sich die Zivilgesellschaft, um zu fordern, dass das Öl im Boden bleibt. Sie entschied sich, einen in der Verfassung verankerten Mechanismus der direkten Demokratie zu nutzen. So entstand das Kollektiv YASunidos als Plattform sozialer Organisationen und Einzelpersonen, deren Hauptziel es war, eine Volksbefragung durchzusetzen, bei der die ecuadorianische Bevölkerung ihre Meinung zum Yasuní äußern konnte.
Die Herausforderung war enorm, denn die wichtigste verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Durchführung einer Volksbefragung durch eine Bürger*inneninitiative war, dass die Unterschriften von mindestens fünf Prozent der Wähler*innen gesammelt werden mussten. Etwas, das in der Geschichte des Landes noch nie zuvor in Angriff genommen, geschweige denn erfüllt wurde. So reichte YASunidos am 12. April 2014, weniger als sechs Monate nach Beginn der Unterschriftensammlung, mehr als 750000 Unterschriften bei der Wahlbehörde ein und damit mehr, als nötig waren. Doch die damalige Wahlbehörde annullierte willkürlich und ungerechtfertigt die Mehrheit der Unterschriften, um den Abstimmungsprozess zu stoppen und den Weg für den Beginn der Ölförderung zu ebnen. Die begann dann auch 2016.
Trotz dieser vermeintlichen Niederlage setzte sich das Kollektiv YASunidos für die Verteidigung des Referendums ein, durch gewaltfreie Widerstandsaktionen und eine Reihe von Beschwerden, unter anderem beim Verfassungsgericht, beim Gericht für Wahlstreitigkeiten, beim Büro des Bürgerbeauftragten und anderen öffentlichen Einrichtungen sowie bei internationalen Gremien wie der Interamerikanischen Menschenrechtskommission. Diese beharrliche Arbeit ebnete nach und nach den Weg für die Befragung. So wies 2018 eine Kommission unabhängiger Expert*innen nach, dass die gesammelten Unterschriften gültig waren. Das führte 2022 dazu, dass die Wahlbehörde die Bescheinigung über die demokratische Legitimität der von YASunidos vorgeschlagenen Befragung ausstellte. Schließlich kam das ecuadorianische Verfassungsgericht in diesem Jahr zu der Entscheidung, dass die vor zehn Jahren gestellte Frage verfassungskonform war, und legte somit fest, dass die Befragung unverzüglich durchgeführt werden sollte.
Der Wert des zehnjährigen Kampfes und Widerstands für den Yasuní liegt nicht nur darin, dass die lang erwartete Volksbefragung zustande gekommen ist. Die politische Auseinandersetzung wirkte sich auch auf die Demokratisierung der ecuadorianischen Gesellschaft aus. So hat der Kampf um die Yasuní-Befragung den Weg für andere lokale Prozesse der demokratischen Willensbildung zum Schutz der Natur geebnet, wie die Volksbefragungen zum Bergbau im Páramo Quimsacocha (2019), im Kanton Cuenca (2021) und im Chocó Andino der Metropolregion Quito, die parallel zur Yasuní-Befragung stattfinden werden.
Die Befragung zum Yasuní ist eine Gelegenheit, eine ernsthafte demokratische Debatte über die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer verantwortungsvollen ökologischen Transformation zu eröffnen. Nicht nur für Ecuador, das in den letzten 50 Jahren wirtschaftlich vom Erdöl abhängig war, sondern für alle Länder der Welt, die jeden Tag mit den traumatischen Auswirkungen des sich beschleunigenden Klimawandels zu kämpfen haben. In diesem Sinne stellt die Möglichkeit, Ja zum Yasuní zu sagen, eine historische Chance dar, die den Weg öffnet, von konkreten Utopien und realisierbaren Alternativen zu träumen.
So sollte der Yasuní nicht nur die ecuadorianischen Bürger*innen ansprechen, die im kommenden August wählen werden, sondern auch alle, die erkennen, dass in dieser sich eröffnenden Zukunft eine gemeinsame und unausweichliche Verantwortung liegt. Die einfache Frage heißt: Auf welcher Seite der Geschichte wollen wir stehen?
Fernando A. Muñoz-Miño ist Historiker an der Katholischen Universität in Quito (PUCE) und Spezialist für Kindheit und Jugend im Lateinamerikanischen Rat der Sozialwissenschaften (CLACSO), Mitglied in den Kollektiven YASunidxs und El Colectivo. Kontakt: famunozmino@hotmail.com / consulta@yasunidos.org
Übersetzung: Fynn Eberle
Der Artikel ist zuerst in der ila 467 erschienen.
Wenn Regierungsvertreter*innen und Unternehmen darüber reden, mit indigenem Wissen den Klimawandel aufzuhalten, entwischt Arlen Ribeira ein müdes Lachen. Ribeira ist Uitoto und kommt aus der Gemeinde Mairidicai im peruanischen Amazonastiefland. Als Präsident der „Federación de Comunidades Fronterizas del Putumayo“ (Vereinigung der Grenzgemeinden des Putumayo), die 23 indigene Gemeinden aus dem Grenzgebiet zwischen Ecuador, Kolumbien, Peru und Brasilien versammelt, war er gerade in Bonn – bei den Vorverhandlungen zur UN-Klimakonferenz COP28. Ribeira kritisiert, wie schwierig es für indigene Gemeinden ist, Gelder aus internationalen Klimaschutzabkommen zu beantragen. Und er will von der deutschen Entwicklungsbank wissen, warum sie indirekt Regenwaldabholzung mitfinanziert. Denn Klimaschutz ist auch eine Landfrage.
Bis jetzt kommt man nur mit dem Boot von Iquitos nach El Estrecho. Jetzt soll eine Straße gebaut werden, ihr wollt das verhindern. Wann habt ihr von dem Projekt erfahren?
Wir indigene Gemeinden wurden nie konsultiert, sondern haben vor drei Monaten über Facebook davon erfahren. Wir fürchten, dass diese Straße große Auswirkungen auf unser Leben, unsere Kultur und unsere Territorien haben wird. Es wird zu einer Invasion unserer Territorien mit massiver Abholzung kommen. Wenn wir uns dagegen nicht wappnen, wird das ein Attentat auf unsere Bevölkerung.
Wie konkret könnte sich das Projekt auf das Leben der Gemeinde auswirken?
Kein Bauprojekt im Amazonasgebiet hat den indigenen Gemeinden je Entwicklung gebracht. Wir würden nie irrational unsere Ressourcen ausbeuten. Deswegen entscheiden Regierungen über unsere Territorien, oft ohne Konsultationsprozess. Sie werden eine Waldpolitik entwickeln, und das bedeutet einen Eingriff in unsere Territorien mit massiver Abholzung. Außerdem bringen Straßen immer andere Lebensweisen mit sich, die unseren Gemeinden aufgedrängt werden. Unser Leben ist abhängig vom Zusammenleben mit dem Urwald mit seiner reichen Flora und Fauna. Das ist unsere Subsistenzquelle. Eine Straße bringt Migration, illegale Abholzung, Ausbeutung unserer Ressourcen.
Was meinst du mit Zusammenleben mit dem Wald?
Als Indigene leben wir vom ersten Tag an mit dem Wald zusammen. Der Wald ist alles für uns. Der Staat versorgt die Gemeinden nicht mit Medikamenten, Bildung, Landwirtschaftsförderung. Deswegen leben wir vom Wald. Der Wald ist unsere Apotheke, unser Markt, unser alles. Während der Corona-Pandemie haben wir keine Medikamente oder Nahrungsmittel vom Staat bekommen. Das war eine schlimme Zeit, aber dank unseres traditionellen Wissens über Heilpflanzen konnten wir uns gegen das Virus wehren. Bis heute haben wir keine Unterstützung vom Staat gesehen. Deswegen sagen wir: Wenn wir unseren Wald verlieren, bedroht das unsere ganze Existenz als indigene Völker des Amazonas.
Und wie wird der Bau dieser Straße gerechtfertigt?
Es geht vordergründig um Entwicklung, Infrastruktur, Integration der indigenen Gemeinden. Aber dahinter liegen wirtschaftliche Interessen der Politiker*innen und Unternehmen. Wir werden von unseren Territorien vertrieben, um legal oder illegal Holz zu fällen und damit Geld zu machen. Es ist kein Geheimnis, dass es bei Großprojekten in Peru jede Menge Korruption gibt. Wir erleben häufig, dass Großprojekte nie fertiggestellt werden, weil das Geld dafür in irgendwelchen Taschen verschwindet. Bei Krankenhäusern passiert das leider oft. Aber eben auch bei dem Bau von Straßen. Der dient den Interessen der Bauunternehmen, aber bringt uns Indigenen gar nichts.
Ist bekannt, welche Unternehmen an dem Ausbau beteiligt sind und wer ihn finanziert?
Der Bau wurde grade erst angefangen, deswegen wissen wir dazu noch zu wenig, haben aber Informationen angefragt. Sorgen macht mir, dass die Lokalregierung von Loreto von der deutschen Entwicklungsbank KfW Fördermittel „zur Bewahrung der Wälder“ bekommt. Das ist doch ein Widerspruch: Sie sollen Wälder schützen, treiben aber die Abholzung voran. Darüber werde ich am 22. Juni mit der KfW sprechen. Sie sollen mir erklären, wie sie kontrollieren, dass ihre Gelder wirklich zum Schutz der Umwelt eingesetzt werden. Im Putumayo-Becken gibt es mindestens 34 Holzfälllizenzen, was aber wiederum auch die illegale Abholzung antreibt. Ich fordere alle Entwicklungsinstitutionen und die deutsche Regierung und das Parlament auf, die indigenen Gemeinden zu Rate zu ziehen, wenn sie Projekte zum Schutz des Regenwalds machen. Sie sollten ihre Projekte mit uns besprechen und abstimmen, denn wir sind diejenigen, die die Wälder schützen, nicht die Regierungen. Die Regierungen eignen sich vielmehr unsere indigenen Territorien an, um dann auf den UN-Konferenzen zu Klimawandel sagen zu können, dass sie sie schützen. Dabei werden unsere Rechte ignoriert, und wir haben keinen Zugang zur Finanzierung nachhaltiger Projekte, die wir gerne umsetzen würden. Deutschland hat das ILO-Abkommen 169 zur Anerkennung indigener Rechte unterzeichnet. Das verpflichtet Deutschland dazu, genau hinzuschauen und unseren Beitrag zum Kampf gegen die Erderhitzung anzuerkennen und auch finanziell zu unterstützen.
Könnte der Bau der Straße neben den befürchteten negativen Auswirkungen auch Vorteile für die Gemeinden bringen?
Was für Vorteile sollen das sein? Wir können uns nicht gegen die Folgen wehren, wir sind in einer sehr ungleichen Situation. Wir indigene Gemeinden bräuchten Geld für alternative Entwicklungsprojekte, wir brauchen Geräte und Technologie. Haben wir aber nicht, und deswegen ist ein Projekt, das den Wald zerstört, keine Alternative für uns. In 50 Jahren vielleicht, wenn wir als indigene Gemeinden stärker sind, wenn unsere Lebensentwürfe und unsere Kosmovision respektiert werden.
Putumayo liegt in der Grenzregion mit Kolumbien. Peru und Kolumbien sind die beiden größten Kokainproduzenten. Ist der Straßenausbau nicht auch riskant, weil die Straße zur Drogenschmuggelroute werden könnte?
Wir haben Angst, darüber zu sprechen, das bringt unser Leben in Gefahr. Die Präsenz des Drogenhandels, die FARC-Guerilla und die illegale Abholzung sind drei Elemente, die unser Leben massiv gefährden. Wir wurden schon bedroht, weil wir unsere Territorien verteidigen. Sie haben einige Leute aus den Gemeinden vertrieben, auch lokale Autoritäten. Wir müssen dringend etwas gegen diese Bedrohung tun. Ich lade deswegen gerade die Gemeindeautoritäten zu einem Kongress ein, um einen Aktionsplan zur Verteidigung unserer Territorien zu machen. Vor allem die Jugendlichen sind in Gefahr. Die Narcos und die Guerillas haben es auf sie abgesehen, um sie zu rekrutieren. Das ist die aktuelle Situation im Putumayo, aber niemand traut sich, darüber zu sprechen.
Könnte das mit dem Straßenausbau schlimmer werden? Gibt es da eine Verbindung oder eher nicht?
Ich weiß es nicht. Aber eine Straße ist schwer zu kontrollieren, man weiß nicht, was passieren kann. Die Situation an der Grenze ist schon jetzt sehr schwierig für unsere Gemeinden.
Kaufen die Narcos auch Land im Putumayo?
Nein, aber sie zwingen die Indigenen dazu, auf indigenem Land Koka anzubauen. Kaufen können sie es nicht, weil in indigenen Territorien Land in gemeinsamem Besitz ist und nicht verkauft werden kann. Wir passen sehr auf, dass indigenes Land nicht zur Ware werden kann.
Wenn die Gemeinden jetzt konsultiert würden, wie es sich gehört – wäre dann eine Mehrheit gegen den Straßenbau? Denn oft befürwortet ja auch ein Teil solche Projekte, wegen der Entwicklung und der Arbeitsplätze, die versprochen werden.
Die Unternehmen erzählen immer viel von den Vorteilen, die solche Projekte uns bringen werden, und viele indigene Brüder und Schwestern glauben das. Aber in der Realität gibt es diese Vorteile nicht. Irgendwann kommt immer die Desillusionierung, das Bereuen, die Traurigkeit. Deswegen muss dieses Projekt breit diskutiert werden unter uns indigenen Gemeinden, mit Jugendlichen, Männern und Frauen. Welche Vor- und Nachteile bringt uns das, welche Folgen hat das, auch auf lange Sicht: Was passiert in zehn, zwanzig Jahren mit unseren Wäldern, unserer Kultur?
Und stellt ihr grundsätzlich fest, dass es jetzt mit dem Klimawandel ein größeres unternehmerisches Interesse an amazonischen Territorien gibt, werden die im kapitalistischen Sinne „wertvoller“, weil ihr „Potenzial“ im Kampf gegen den Klimawandel erkannt wurde?
Wir haben mithilfe einer Institution berechnet, wie viel CO2 unsere Territorien speichern: 600000 Tonnen! Aber paradoxerweise kriegen wir nicht einen Cent dafür, dass wir das erhalten. In den UN-Klimaverhandlungen höre ich, wie viele Gelder es für den Klimaschutz gibt, allein im Grünen Klimafonds. Aber für uns Indigene ist es extrem schwierig, an diese Gelder zu kommen. Niemand weiß, wo und wie man die beantragen kann. Das ist eine große Klimaungerechtigkeit. Profitieren tun nicht die Indigenen selbst, sondern große Institutionen, Staaten und Entwicklungsdienste, die sich Umweltschutz auf die Fahnen geschrieben haben. Sie geben dem Wald einen Preis, verhandeln über ihn, aber wir sehen davon keinen Cent. Stattdessen werden in unseren Territorien, wo wir jagen und fischen, Naturschutzgebiete eingerichtet und uns der Zutritt verweigert. Sie nehmen uns einen Teil unserer Wälder weg – und wo sollen wir dann leben? Wir bekommen ja im Gegenzug kein Alternativland zur Verfügung gestellt. Wir fordern deswegen, dass unsere Rechte vollumfänglich anerkannt werden und wir Zugang zu diesen Fördermitteln bekommen, als Kompensation für das, was uns durch die Naturschutzgebiete genommen wurde.
In internationalen Institutionen wie der UNO, der Weltbank oder jetzt auch bei der Pre-COP in Bonn ist immer wieder die Rede davon, dass indigenes Wissen beim Kampf gegen den Klimawandel genutzt werden soll. Aber nach dem, was du mir erzählst, klingt das ziemlich paradox.
Ich habe einige Texte gelesen, wo es genau darum geht, um indigenes Wissen und welchen Beitrag es gegen den Klimawandel leistet. Das sind theoretische Diskussionen, die weit weg sind von der Realität. Es verletzt indigene Rechte, dass wir keinen Zugang zu Geldern haben, um eigene nachhaltige Projekte aufzubauen: Aufforstung, Agroforstsysteme, Restaurierung. Meiner Meinung nach müssen die entwickelten Länder unseren Beitrag anerkennen, und zwar auf direkte, monetäre Weise. Es ist ja so, dass ein Staat sich nicht mit einem anderen Staat anlegt. Die entwickelten Staaten wissen sehr gut, dass wir Indigenen uns sehr wohl mit den Staaten anlegen, aber aus diplomatischen Gründen verhandeln sie nur untereinander und nicht mit uns direkt. Ich fordere von den Staaten, dass sie unser Recht auf Zugang zu den Klimafonds anerkennen, wegen des Beitrags, den wir gegen den Klimawandel und zum Erhalt der Biodiversität leisten. Wir Indigenen erhalten den Planeten, ohne etwas als Gegenleistung zu bekommen. Unser Amazonasgebiet ist die große Klimaanlage, mit der wir die Welt umsonst mit sauberer Luft versorgen. Wenn wir den Klimawandel nicht sehr ernst nehmen und alles dafür tun, ihn aufzuhalten, werden wir die schrecklichen Folgen zu spüren bekommen. Entwickelte Länder interessieren sich oft nur für ihr Bruttoinlandsprodukt. Uns aber geht es darum, der Menschheit ein gutes und langes Leben auf diesem Planeten zu ermöglichen. Wir denken an die Menschheit, aber das Kapital und die entwickelten Länder denken, dass sie mit mehr Ressourcenausbeutung und Umweltverschmutzung besser leben können. Wir Indigene haben immer gesagt: Wir brauchen einen lebendigen Amazonas, dann sind wir für vieles gewappnet.
Das Interview führte Mirjana Jandik im Juni in Bonn.
Der Artikel ist zuerst in der ila 467 erschienen.
• Do., 29.06.2023 | 19:00-20:30 Veranstaltung
Marco Temporal: Die Neobandeirantes und das Massaker an den brasilianischen indigenen Völker
Seit Juli letzten Jahres unterstützt das Land Berlin die Arbeit der Initiative „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“ und darüber auch ein Südpartnerschaftsprojekt mit den indigenen Munduruku im brasilianischen Amazonasgebiet (s.u. auf dieser Website). Gerne weisen wir deshalb auf diese Veranstaltung mit Maria Leusa Munduruku hin, die unsere Kolleg*innen von der Kooperation Brasilien e.V. (mit den Mitgliedsorganisationen ASW und FDCL) organisiert haben. Ein ausführlicher Artikel zum Thema findet sich hier.
• 07.06.2023 Artikel
„Unsere Geschichte begann nicht erst 1988!“ Indigener Widerstand in Brasilien gegen Kodifizierung des Landraubs durch Stichtagsregelung „Marco Temporal“
von Christian Russau
• 05.06.2023 Artikel
Oberster Richter bahnt Ferrogrão wieder schrittweise den Weg
von Christian Russau
• 24.05.2023 Artikel
„Wir sind Mütter, wir sind Kriegerinnen“ – Interview mit zwei Frauen der Munduruku
Auf Tapajos-Info.de können Sie das vollständige Interview von Thomas Schmidt mit Maria Leusa Kaba Munduruku und Ediene Kirixi Munduruku lesen.
• Di, 09.05.2023 | 18:30 – 20:30 Veranstaltung
Indigener Aktivismus im Peru der Krisen: Pandemie, politische Krise und Klimakrise
mit Alexander Shimpukat Soria vom Indigenen Volk der Shipibo-Konibo aus Peru
Ort: Mehringhof – Versammlungsraum
• Di, 18.04.2023 | 19:00 – 21:00 Online-Veranstaltung
100 Tage Regierung Lula da Silva: Chancen und Herausforderungen für „Einheit und Wiederaufbau“ in Brasilien
• 30.03.23 Veranstaltung
Brasiliens neue Regierung und die Zukunft der deutsch-brasilianischen Kooperation
• 09.03.2023 Artikel
Repórter Brasil macht Vorschläge für neun Maßnahmen gegen den illegalen Goldbergbau in Brasilien
Wie könnte es gelingen, den illegalen Goldbergbau in Amazonien zu stoppen?
• 18.01.2023 Artikel
Quilombola-Landtitulierungen in Amazonien unter Bolsonaro weiter gesunken
• 10.01.2023 Artikel
Brasilien: Lula da Silva und die internationale Klimapolitik – zum Erfolg verdammt
07.01.2023 Artikel
Drei neue Studien weisen auf die Biodiversitätsverluste durch Staudämme und Staureservoirs in Amazonien hin
• 31.12.2022 Ausstellung
„Amazonien – der größte Regenwald der Erde und wir“, Steinplatz in Charlottenburg
• 30.11.2022 Veranstaltung
Brasilien nach den Wahlen: Gute Aussichten für Ernährungssicherheit, Agrarökologie und das Weltklima?
• 29.11.2022 Online-Veranstaltung
Wettlauf gegen die Zeit: Indigene Territorien und die Rettung Amazoniens
• 17.11.2022 Online-Veranstaltung
Quecksilber in Amazonien – Woher es kommt, wohin es geht
• 16.11.2022 Artikel
Lula wird Präsident – Brasilien atmet auf!
• 10.11.2022 – 31.12.2022 Ausstellung
Amazonien – der größte Regenwald der Erde und wirDie Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, als Teil der Initiative „Berlin aktiv im Klimabündnis“, und die Stabsstelle Bildung für nachhaltige Entwicklung/Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf laden ein, zur Eröffnung der Ausstellung „Amazonien – der größte Regenwald der Erde und wir“. Die Ausstellung soll das Bewusstsein dafür stärken, wie wichtig der Amazonasregenwald für das weltweite Klima ist und einen Blick auf aktuelle Bedrohungen und zukunftsweisende Projekte werfen. Sie thematisiert dabei besonders die Situation indigener Bevölkerungsgruppen und zeigt Verbindungen zwischen der Weltgemeinschaft und Amazonien auf.
• 01.11.2021 Artikel
Antworten auf die Klimakrise – Interview zur indigenen Präsenz auf der Weltklimakonferenz
• 01.11.2020 Artikel
• 28.10.2021 Online-Veranstaltung
Alarm in Amazonien: Den Regenwald schützen, die Rechte seiner Menschen stärken – Schlaglichter auf Praxisbeispiele
• 14.10.2022 Artikel
• 13.10.2022 Online-Veranstaltung
Goldabbau in Amazonien – Zwischen Legalität und Illegalität
• 23.09.2022 Artikel
Neue Kampagne gegen Staudämme und Wasserstraßen am Fluss Teles Pires
• 17.09.2022 Artikel
Brief der Munduruku vom Oberen und Mittleren Tapajós und vom Unteren Teles Pires
• 06.09.2022 Veranstaltung
Brasilien: Kampf für indigene Rechte und den Erhalt des amazonischen Regenwaldes
• 05.09.2022 Auftakttreffen der Initiative„Berlin aktiv im Klima-Bündnis“
eingeladen wurden die entwicklungspolitischen und umweltpolitischen Sprecher*innen der Berliner Koalitionsparteien, Vertreter*innen der LEZ und der Umweltverwaltung sowie der Geschäftsführer des Klima-Bündnisses aus Frankfurt.
Begrüßung/Moderation: Alexander Schudy (BER)
Grußwort der LEZ: Stefani Reich (Leiterin der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit (LEZ)/Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (SenWEB)
Grußwort des Klima-Bündnis: Thomas Brose (Geschäftsführer des Europäischen Sekretariats des Klima-Bündnisses (via online „Live-Schalte“ nach Lima/Peru vom dortigen Kongress der COICA, dem Dachverband der indigenen Organisationen des Amazonasbeckens)
Berlin im Klima-Bündnis: Kommunen in Partnerschaft mit den indigenen Völkern und für den Schutz der Regenwälder Amazoniens: Jan Dunkhorst (FDCL e.V./Initiative „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“)
Amazonien in Gefahr! Den Regenwald schützen, die Rechte Indigener Völker und traditioneller Gemeinschaften stärken: Raione Lima (Christliche Landpastorale/Comissão Pastoral da Terra – CPT/Brasilien)
Aufbau des Kultur- und Bildungszentrums der Munduruku – das Berliner Südpartnerschaftsprojekt stellt sich vor: Alessandra Korap (Aktivistin, Associação Indígena do Médio Tapajós – Parirí, Brasilien)
• 01.09.2019 Artikel
• 18.05.2022 Artikel
Solidaritätserklärung für Alessandra Munduruku
• 01.05.2020 Artikel
• 20.04.2022 Artikel
Wider den Pessimismus – Amazonien ist nicht verloren!
• 05.04.2022 Artikel
Offener Brief: 29 Bundestagsabgeordnete gegen PL 191 zur Freigabe von Bergbau und Wasserkrafterzeugung in indigenen Territorien
• 07.03.2022 Artikel
Gesetzesinitiative PL 191 zu Bergbau und Wasserkraft in indigenen Gebieten: Kurz vor Verabschiedung?
• 01.02.2019 Artikel
• 31.12.2021 Studie
Amazonien – der große Landraub
• 17.11.2021 Artikel
Erneute Bedrohungen gegen Alessandra Munduruku und Einbruch in ihr Haus
• 29.10.2021 Online-Fachgespräch
mit Vertreter*innen der Berliner Politik, Verwaltung, Kommunalpolitiker*innen, Klima-Bündnis und Berliner Aktivist*innen:
Berlin im Klima-Bündnis: Kommunen in Partnerschaft mit den indigenen Völkern und für den Schutz der Regenwälder Amazoniens
• 28.10.2021 Online-Veranstaltung
Alarm in Amazonien: Den Regenwald schützen, die Rechte seiner Menschen stärken – Schlaglichter auf Praxisbeispiele
• 27.10.2021 Online-Veranstaltung
Brasilien: Kampf um den amazonischen Regenwald‘Amazonien im Fokus wirtschaftlicher Interessen und der globalen Klima- und Biodiversitätskrise – was muss getan werden, um den Regenwald dauerhaft zu erhalten und die Rechte seiner Bewohner*innen zu verteidigen?
• 08.10.2021 Online-Veranstaltung
Brasilien und das Handelsabkommen EU-Mercosur: Freifahrtschein für das Agrobusiness – Gefahr für Klima und Biodiversität wie Indigene und das Recht auf Land
• 17.06.2021 Pressemitteilung
Berlin denkt Klimagerechtigkeit international – Pressemitteilung der Initiative „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“
• 27.05.2021 Artikel
Notfallkommuniqué der Widerstandsorganisationen des Volkes der Munduruku
• 13.04.2021 Online-Veranstaltung
Wird der Landraub digital? Das Umweltkataster CAR in Amazonien: Hoffnungen und Kontroversen
• 06.02.2021 Artikel
Nach erneuten Morddrohungen von Goldgräbern: Flucht von zwei Munduruku-Frauen
• 31.12.2020 Studie
Amazonien und die regierung Bolsonaro – Zerstörung und Widerstand
• 10.12.2020 Online-Veranstaltung
Gewalt gegen Indigene unter Bolsonaro
• 04.12.2020 Artikel
Bundeskabinett macht den Weg frei für die Ratifizierung der ILO-Konvention 169 für Indigene Rechte durch den Deutschen Bundestag
• 19.12.2019 Veranstaltung
Jenseits der Feuer – Die politischen, sozialen und ökonomischen Hintergründe und Ursachen der Zerstörung Amazoniens unter der Regierung Bolsonaro
• 17.12.2019 Radiobeitrag
Waldschutz in Amazonien: Der Zerstörung die Stirn bieten
• 17.11.2019 Veranstaltung
Semeando Sustentabilidade e Plantar: Können Entwicklungsprojekte Amazonien retten?
• 07.11.2019 Tagung
Was tun in Amazonien? Zusammenarbeit und Solidarität mit Brasilien in schwierigen Zeiten
Die Zusammenarbeit mit Brasilien im Bereich des Tropenwaldschutzes steht vor einer großen Herausforderung: Präsident Jair Bolsonaro hat mit seinen Angriffen auf den Umweltschutz und die Rechte indigener Völker die zu erwartende Folgen verursacht: Der Regenwald steht in Flammen, seine Zerstörung steigt wieder steil an.
Die deutsche EZ hat seit 1992 in Brasilien schwerpunktmäßig die Erhaltung des Tropenwaldes unterstützt. 2008 begann mit dem Fundo Amazonia das weltweit größte Tropenwaldschutzprogramm – vorwiegend von Norwegen finanziert, aber auch mit deutscher Beteiligung. Darüber hinaus kooperieren die kirchlichen Hilfswerke BfdW und Misereor sowie viele NGOs mit zahlreichen Initiativen in der Region.
Ort:
BVV-Saal des Rathaus Berlin-Charlottenburg,
Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin
• 05.11.2019 Veranstaltung
Brasiliens Amazonasgebiet – umkämpftes Terrain
• 26.09.2019 Veranstaltung
Brasilien: Menschenrechte unter Druck – Amazonien in Gefahr / Organisationen der brasilianischen Zivilgesellschaft berichten
• 24.09.2019 Video
Klimastreik 2019 mit Alessandra Korap
Angesichts der besorgniserregenden Lage in Brasilien, hat das FDCL gemeinsam mit der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW) zwei Gäste aus Brasilien zu einem Besuchsprogramm nach Berlin eingeladen:
Alessandra Korap (Aktivistin der indigenen Frauenbewegung vom Volk der Munduruku) und Marco Antonio Mota (Projektkoordinator für das ostamazonische NRO-Netzwerk -FAOR).
Via Lobbyarbeit mit politischen Entscheidungsträgern und öffentlichen Aktionen wollen wir gemeinsam mit ihnen auf die massive Regenwaldvernichtung, die Angriffe auf die indigene Bevölkerung und die sich zuspitzende Menschenrechtlage in Brasilien aufmerksam machen. Bereits am Freitag letzter Woche haben die beiden an unserem Demo-Block „SOS Amazonia“ im Rahmen der wunderbaren Berliner Demonstration zum Klimastreik teilgenommen. Alessandra konnte sogar einen Redebeitrag auf der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor halten.
Nachstehend Hinweise auf weitere Aktivitäten, an denen unsere beiden Gäste im Rahmen der Klima-Aktionswoche/des we4future Camp mitwirken werden.
• 08.08.2019 Aktion/Übergabe Schreiben der Initiative
Für Klimaschutz und Menschenrechte in Berlin und am Amazonas!
• 23.06.2019 Veranstaltung
Das Land ist unser Leben, unsere Identität, unser Erbe! / Die Frauenorganisation der Guarani-Kaiowá und der Kampf um indigenes Land in Brasilien
• 22.06.2019 Film und Gespräch
Amazonas-Matinee
• 12.06.2019 Veranstaltung
Brasilien: Kampf um den amazonischen Regenwald – Können Zivilgesellschaft und Rechtsstaat Bolsonaros Politik noch verhindern?
• 07.06.2019 Veranstaltung
Soziales & Umwelt mit Volldampf zurück! grobusiness und die Bolsonaro-Regierung und die Verschärfung der Landkonflikte
• 07.03.2019 Veranstaltung
Indigene Kämpfe in Zeiten des Neo-Extraktivismus – Ecuador, Peru, Bolivien
• 30.11.2018 Film und Gespräch⋅
Piripkura
• 25.11.2018 Dossier
Amazonien: Entwaldung, „Entwicklung“ und Widerstand – Der Kampf um den größten Regenwald der Welt
• 23.11.2018 Veranstaltung
Staudämme im Regenwald – Eine Veranstaltung mit Pablo Solón über Wasserkraftprojekte im bolivianischen Tiefland
• 01.11.2018 Tagung
Amazonien zerstört, Klimawandel verschärft – was tun Kommunen?
• „Mãe d’água – Mulheres indígenas na defesa da sua terra“ – mit deutschen Untertiteln. FAOR – Fórum da Amazônia Oriental, Brasilien
• (Um-)Weltsichten der indigenen Frauenvereinigung Guerreiras da Floresta. ASW
Berlin ist seit 1992 Mitglied im „Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder e.V.“ und gehört damit zu dessen Gründungsmitgliedern. Mit fast 2.000 Mitgliedern aus mehr als 25 europäischen Ländern ist das Klima-Bündnis das größte europäische Städtenetzwerk, das sich zu einem umfassenden und gerechten Klimaschutz bekennt. Um der globalen Klimakrise entgegen zu treten und mehr Klimagerechtigkeit herzustellen, haben sich die Mitglieder gemeinsam dazu verpflichtet, (1) mit lokalen Klimaschutzaktivitäten konkrete Klimaschutzziele zu erreichen, und (2) den amazonischen Regenwald zu schützen und dabei mit den indigenen Völkern Amazoniens partnerschaftlich zusammenzuarbeiten und diese zu unterstützen.
Seit Gründung des Klima-Bündnisses vor über 30 Jahren war die Faktenlage und Diagnose noch nie so eindeutig und schwerwiegend: Die globalen Klimaerwärmung und der weltweite Verlust der biologischen Vielfalt bedrohen die Lebensgrundlagen auf unserem Planeten. Die Regionen, die bisher am stärksten von den drastischen Auswirkungen der vom Menschen verursachten Erderwärmung betroffen sind und sich dagegen am wenigstens zur Wehr setzen können, liegen im Globalen Süden. Gleichsam tragen die dort lebenden Menschen aber am wenigsten Verantwortung für die globale Umweltkrise. Denn deren Hauptverursacher (historisch und bis heute) sind die (Industrie)Länder des Globalen Nordens mit ihrer klimaschädliche Lebensweise, die auf einem immens hohen Verbrauch an fossilen, mineralischen wie agrarischen Rohstoffen basiert. Sehr viele dieser Rohstoffe werden aus den Ländern des Globalen Südens importiert. Dort geht die Rohstoffausbeutung oftmals einher mit großen Umweltschäden und der Zerstörung von Naturräumen wie der tropischen Regenwälder. Aufgrund der immer spürbareren Folgen der Klimaerwärmung auch in Europa, wächst die Erkenntnis, dass Klimakatastrophen und Umweltzerstörung nur noch als globales Problem betrachtet werden können, für das es nur globale Lösungen geben kann. Und um mehr Klima-und Umweltgerechtigkeit zu erreichen, müssen auch diejenigen am meisten dazu beitragen, die für die globale Umweltkrise am meisten Verantwortung tragen: die Länder des Globalen Nordens.
Das größte Regenwaldgebiet der Erde ist der Amazonas-Regenwald, der für die Stabilisierung des Weltklimas und den Erhalt der Artenvielfalt eine herausragende Bedeutung hat. Wird der amazonische Regenwald weiter abgeholzt, kann die Erderwärmung und das Artensterben nicht gebremst werden. Es hat sich gezeigt, dass eine wirksame Barriere gegen Entwaldung vor allem dort gegeben ist, wo die Rechte der im und vom Wald lebenden indigenen Völker und traditionellen Gemeinschaften auf eigene Territorien respektiert und geschützt werden.
Deshalb und begründet auf der „gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung“ für den Erhalt der Erdatmosphäre und dem damit verbundenen Schutz der Regenwälder versteht das Klima-Bündnis partnerschaftliche Zusammenarbeit, Solidarität und auch die politische Unterstützung der Indigenen Völker der Regenwälder Amazoniens als zweite Säule seiner Arbeit.
Der Erhalt des Regenwaldes und die Stärkung der Rechte seiner Bewohner*innen steht in unserem eigenen Interesse, denn von den Folgen der globalen Umweltkrise sind alle betroffen: ob in Amazonien oder in Deutschland und Berlin.
Vor diesem Hintergrund will „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“ als eigenständige zivilgesellschaftliche Initiative dazu beitragen, die bestehende Mitgliedschaft Berlins im Klima-Bündnis mit mehr Leben zu füllen und aktiver in die Stadtgesellschaft zu kommunizieren. Im Fokus steht dabei zum einen die aus der Mitgliedschaft Berlins im Klima-Bündnis erwachsende Verpflichtung, die Bewohner*innen des Regenwaldes zu schützen und bei ihren Bemühungen zum Erhalt der „grünen Lunge der Erde“ zu unterstützen. Zum anderen geht es um die Verantwortung Berlins für globale Klimagerechtigkeit.
Wir wollen aufzeigen, dass der Erhalt der Regenwälder, der Schutz indigener Völker und globale Klimagerechtigkeit unmittelbar miteinander zusammenhängen – dass es nicht nur im Interesse der indigenen Völker liegt, ihren Lebensraum (den Regenwald) zu erhalten, sondern es auch manifestes Interesse des Landes Berlins und seiner Bevölkerung ist, den Wald und die natürlichen Ressourcen im Amazonas zu schützen.
Die Ziele der Initiative „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“ sind deshalb die folgenden:
Über einen kontinuierlichen Politikdialog und Öffentlichkeitsarbeit wollen wir die langfristige Etablierung des angelaufenen Südpartnerschaftsprojekts mit den Munduruku in Brasilien fördern, mit dem das Land Berlin exemplarisch aufzeigt, wie die Verantwortung für den Schutz des amazonischen Regenwaldes und eine ideelle wie finanzielle Unterstützung der dort lebenden indigenen Völker ausgestaltet werden kann. Mit Maßnahmen im Bereich der entwicklungspolitischer Bildungs-, Informations- und Netzwerkarbeit sowie des Politikdialogs, wollen wir zu einer stärkeren Verankerung des Konzepts und Leitbegriffs der Klimagerechtigkeit wie einer besseren Sichtbarkeit der Verschränkung von Auslands- und Inlandsarbeit beitragen.
Die Initiative „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“ besteht aus den folgenden Organisationen: Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW), Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag (BER), Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), Lateinamerika-Forum Berlin (LAF), Lateinamerika Nachrichten (LN), kolko – Menschenrechte für Kolumbien.
Initiative „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“
c/o FDCL e.V.
Gneisenaustraße 2a, 10961 Berlin
Tel 030 693 40 29
Fax 030 692 65 90
E-Mail: klima-buendnis@fdcl.org