BER-Forderungen
Berlin: Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen
Berlins globale Verantwortung in Zeiten der Corona-Krise
Durch die weitreichenden und bisher kaum absehbaren Folgen der Corona-Krise steht die Berliner Landespolitik in einer neuen Verantwortung. Über 100 entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen appellieren daher an die Berliner Landespolitik:
Berlin muss durch die Folgen der Corona-Krise seine globale Verantwortung neu und konkret bestimmen: Solidarität in der Corona-Krise muss global sein. Nachhaltigkeit muss zum Leitprinzip werden, damit wir für künftige Krisen besser vorbereitet sind. Weltoffenheit in der Corona-Krise muss schnell Geflüchteten zugutekommen.
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Forderungen entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen an die Berliner Landespolitik für die Jahre 2020 und 2021
Eine Welt Stadt Berlin – global und gerecht
Die Eine Welt Stadt Berlin ist die Vision eines global gerechten Berlins für alle Menschen. An dieser Vision arbeiten die im Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag (BER) organisierten 110 entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen. Sie fordern die Landes- und Bezirkspolitik zum Engagement für globale Gerechtigkeit auf.
Landesentwicklungspolitik und zivilgesellschaftliches Engagement
Wir fordern vom Land Berlin,
sich für die sozial-ökologische Transformation bis 2030 einzusetzen und das Politik- und Verwaltungshandeln am Ziel der globalen Gerechtigkeit auszurichten. Besonders gefördert werden soll das entwicklungspolitische Engagement der Berliner Außenbezirke und ihrer zivilgesellschaftlichen Vereine. Die Programme des Landes Berlins zur Förderung der Zivilgesellschaft müssen finanziell erhöht, mehrsprachig zugänglich und vereinfacht werden. Zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie, gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit sowie das Empowerment für Menschen mit Rassismuserfahrung müssen insbesondere in der Entwicklungspolitik gestärkt werden. Partnerschaften sowie Projekte Berlins und seiner Bezirke mit Kommunen im Globalen Süden sollen mit dem Ziel der globalen Gerechtigkeit und zivilgesellschaftlicher Solidarität ausgestaltet werden. Es sollen kostengünstige Gewerbemietflächen für gemeinnützige Vereine erschlossen werden.
Zukunftsfähiges Wirtschaften: Gegen Gewinne ohne Gewissen
Wir fordern vom Land Berlin als Fairtrade-Stadt
eine Wirtschafts- und Vergabepolitik, die nachhaltige, faire und regionale Produkte sowie Wirtschaftsmodelle priorisiert und gezielt fördert. Soziale, faire und ökologische Kriterien (in der kommunalen und Landes-Beschaffung und in allen nachrangigen Behörden) müssen verbindlich festlegt und umgesetzt werden. Die Gründungs- und Start-Up-Förderung durch die Investitionsbank Berlin soll an ökologisch-sozial nachhaltige Geschäftsmodelle geknüpft werden. Das Land Berlin soll sich auch im Bundesrat für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten von Unternehmen (z.B. für ein Lieferkettengesetz) und für eine soziale und ökologische Handelspolitik einsetzen – insbesondere bei den EU-Mercosur-Verhandlungen.
Migration, Flucht und Diaspora: Grenzen überwinden
Wir fordern vom Land Berlin,
Diversität und Anti-Rassismus als Teil des Selbstverständnisses aller städtischen Institutionen, Bildungseinrichtungen und ihrer Gremien. Das muss sich in der Besetzung und Einstellungspolitik widerspiegeln. Das Land Berlin soll die Teilhabe und Gleichstellung sowie den Schutz vor Diskriminierung von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte und People of Color sicherstellen. Selbstvertretungsstrukturen der entwicklungspolitischen migrantisch-diasporischen Zivilgesellschaft sollen vom Land institutionell gefördert werden. Geflüchteten muss das Land den bedingungslosen und barrierearmen Zugang zu lebensnotwendigen Leistungen und Bildung gewährleisten, zum Beispiel mit anonymen Krankenscheinen, Wohnberechtigungsscheinen und Möglichkeiten zum Spracherwerb. Das Land Berlin nennt sich offiziell „Stadt Sicherer Häfen“ und soll sich dementsprechend dafür einsetzen, dass künftig mehr Geflüchtete und aus Seenot Gerettete nach Berlin kommen. Das Land Berlin darf keinen Menschen mehr abschieben.
Klima- und Ressourcengerechtigkeit: Weniger ist mehr
Wir fordern vom Land Berlin
eine beschleunigte Energie- und Wärmewende (v.a. Kohleausstieg bis 2025, Erdgasausstieg bis 2030). Bei der Verkehrswende muss das Mobilitätsgesetz um Maßnahmen zu Flächengerechtigkeit (Parkplatzumwandlungen) und ökologischem Wirtschaftsverkehr ergänzt werden. Aufgrund schwerer Menschenrechts- und Umweltrisiken bei der Gewinnung von Rohstoffen aus dem Globalen Süden für Autos aller Art (auch E-Fahrzeuge) muss der Ausstieg aus dem Privat-PKW-Verkehr im Vordergrund stehen und der Umweltverbund sozial gerecht ausgebaut werden. Wir fordern, dass Berlin seine Mitgliedschaft im „Klima-Bündnis“ aktiv wahrnimmt und finanziell unterstützt. Im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (BEK) sollen Maßnahmen zum internationalen Klimaschutz und zur Klimagerechtigkeit gefördert werden.
Globales Lernen für transformative Bildung
Wir fordern vom Land Berlin
die verpflichtende Verankerung von Globalem Lernen als Prinzip des lebenslangen Lernens in allen Bildungs- und Ausbildungsformen in Berlin. Die Institution Schule soll ein partizipativer Lern- und Lebensort sein, an dem auch außerschulische Lernerfahrungen durch die stärkere Öffnung schulischer Strukturen für externe Kooperationspartner der Zivilgesellschaft möglich werden. Schulentwicklungsprozesse in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft sollen durch die Bildungsverwaltung unterstützt werden. Die Bildungsverwaltung soll allen Akteur*innen im Bildungssystem die finanzielle, zeitliche und inhaltliche Möglichkeit schaffen, um die Forderungen der Frankfurter Erklärung nach der Integration von macht- und rassismuskritischen sowie feministischen Perspektiven umsetzen zu können. Wir fordern die Möglichkeit für Empowerment-Trainings für von Rassismus betroffene Bildungsakteur*innen.
Dekolonisierung in Berlin umsetzen
Wir fordern vom Land Berlin,
sich zu seiner Rolle im deutschen Kolonialismus und seiner Beteiligung am brandenburgisch-preußischen Versklavungshandel zu bekennen und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Für die Partizipation am gesamtstädtischen Aufarbeitungskonzept zu Berlins postkolonialer Gegenwart soll eine Koordinierungs-stelle in zivilgesellschaftlicher Trägerschaft bis 2025 finanziert werden. Es soll bis 2025 ein zentrales Mahnmal für die Opfer von Kolonialismus und Versklavung und ein Informationszentrum konzipiert werden. Berliner Straßen, die Kolonialverbrecher ehren oder Straßenbezeichnungen, die rassistisch oder diskriminierend sind (z.B. M*-Straße), sollen bis 2021 nach antikolonialen und antirassistischen Wider-standskämpfer*innen umbenannt werden. In einem kolonialen Kontext angeeignete menschliche Gebeine sowie Kultur- und Naturschätze der Berliner Museen müssen den Herkunftsgesellschaften bis 2030 zur Restitution angeboten werden. Die Städtepartnerschaft mit Windhoek in Namibia muss – wegen Berlins besonderer Verantwortung für den Genozid an den Ovaherero und Nama – in ihrem Jubiläumsjahr 2020 zu einer herausgehobenen Partnerschaft aufgebaut sowie anschließend institutionell und finanziell langfristig abgesichert werden.
Der BER und seine Mitglieder unterstützen und beraten den Berliner Senat gern bei der Umsetzung dieser Forderungen
Berlin im Oktober 2019